Ich frage mich, ob es meinen Fortschritt unterstützen würde, wenn ich an mein Ziel der Gott-Verwirklichung denken würde?

Sri Chinmoy:
Das letztendliche Ziel eines Vorschulkindes ist es, seinen Doktortitel zu erlangen. Wenn es nun aber, während es seine Vorschul-Lektionen lernt, ständig denkt: „Oh, ich muss meinen Doktortitel erlangen“, wäre das töricht von ihm. Es mag sein Ziel kennen, aber wenn es die ganze Zeit daran denkt, dann wird es seine jetzigen Lektionen nicht richtig lernen. Manche Sucher denken an Gott-Verwirklichung, obwohl sie nicht einmal für ein einfaches inneres Erwachen bereit sind. Es gibt Sucher, die an Gott-Verwirklichung denken und davon sprechen, während sie nicht einmal bereit sind, das ABC des spirituellen Lebens zu lernen.
Gott-Verwirklichung, Unsterblichkeit, Unendlichkeit, Ewigkeit - all das sind im Moment große Worte. Wenn du über diese Worte sprichst, baust du lediglich Luftschlösser. Sie sind eine Wirklichkeit auf ihrer eigenen Ebene, aber diese Wirklichkeit kannst du gegenwärtig nicht in dein alltägliches Leben integrieren. Lass diese Wirklichkeit daher an ihrem Platz. Wenn du weiterhin in deiner Vorstellung an dein Ziel denkst, wird das Ziel nicht so sein, wie du es dir vorstellst, und dann wirst du unweigerlich enttäuscht werden. Wenn du zudem ständig nur an dein Ziel denkst, wirst du deinem gegenwärtigen inneren Streben nicht genug Aufmerksamkeit schenken und du wirst deinen Fortschritt unbewusst verzögern. Dein Ziel ist Gott-Verwirklichung, aber du hast gerade erst den spirituellen Weg betreten. Du gehst auf dem richtigen Weg, und das ist gut. Im Moment sollte dein Hauptaugenmerk auf innerem Streben, innerem Fortschritt, auf Einfachheit, Aufrichtigkeit, Reinheit und Demut liegen.
Gott-Verwirklichung ist ein schwieriges Ziel, aber es ist nicht unerreichbar. Manche Sucher haben, nachdem sie einige Jahre lang meditiert haben, das Gefühl, dass Gott-Verwirklichung in diesem Leben unmöglich ist, und sagen dann, dass sie sie nicht wollen. Es ist wie bei der Geschichte mit den sauren Trauben. Viele verlassen aus diesem Grund den spirituellen Weg, nachdem sie ihm lange Jahre gefolgt sind. Sie finden etwas an Gott und den Lehren des Meisters auszusetzen und werden zu überzeugten Atheisten. Das ist sehr schlecht. Bevor du mit dem spirituellen Leben begannst, als du noch im Vergnügen der Unwissenheit schwelgtest, vergab dir Gott, weil Er wusste, dass du nichts anderes kanntest. Gott sagte: „Mein Kind kennt nichts Besseres als die Unwissenheit.“ Wenn du aber wieder zum gewöhnlichen Leben zurückkehrst, nachdem du das innere Leben begonnen hast, weil du denkst, dass Gott-Verwirklichung entweder nicht existiert oder deine Fähigkeiten weit übersteigt, dann ist die innere Vergeltung für deine unwissenden und ungöttlichen Handlungen unendlich viel schlimmer als sie sein würde, wenn du niemals die Unwissenheit verlassen hättest.
Im Augenblick liegt das Ziel zwar in weiter Ferne, aber du darfst dich nicht entmutigen lassen. Schritt für Schritt, langsam aber sicher wirst du das Ziel erreichen. Vom Kindergarten gehst du in die Grundschule, dann ins Gymnasium und dann zur Universität. Sei daher nicht rastlos oder ungeduldig. Gott allein weiß, wann Seine auserwählte Stunde für dich schlagen wird. Deine Aufgabe ist es, innerlich zu streben, und Gottes Aufgabe ist es, Sein unendliches Mitleid herab regnen zu lassen. Wenn du deine Rolle spielst, wird Gott Seine Rolle spielen und dich Ihn zu Seiner auserwählten Stunde verwirklichen lassen. Lasst uns daher auf dem Weg der Wirklichkeit gehen. Durch unser inneres Streben wird das Ziel von selbst auf uns zu kommen.