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Verstand

Auch wenn der Verstand im Moment unsere höchste Errungenschaft sein mag, ist er begrenzt und kann das Grenzenlose weder verstehen noch ausdrücken. Deswegen versuchen wir in der Meditation, über den Verstand hinauszugehen. Sri Chinmoy zeigt, wie wir die Begrenztheit des Verstandes überwinden können.

Was machen die Mentalwesen eigentlich in ihrer Welt des Verstandes?

Sri Chinmoy: Manchmal schlafen sie, manchmal machen sie jemandem Mut und manchmal dringen sie in den Verstand eines Menschen ein und hetzen ihn auf. Dann hast du plötzlich einen Gedanken und weißt nicht, woher er gekommen ist.

Versucht die Seele immer, einen Verstand zu bekommen, der mehr Licht besitzt?

Sri Chinmoy: Wo bliebe denn der Spaß am Spiel, wenn die guten Spieler alle auf einer Seite stehen? Was ergäbe das für ein Spiel? Auch der Verstand entwickelt sich weiter, aber jede Entwicklung braucht ihre Zeit. Für dich ist ein einziger Tag schon eine lange Zeitspanne, aber für Gott sind zweihundert Jahre weniger als eine Sekunde, also so gut wie nichts. Und selbst wenn der Verstand voller Licht wäre, wäre das Bewusstsein der Erde nicht fähig, sein Licht zu empfangen.

Es ist wie mit einem reinen Herzen. Ein reines Herz leidet, einfach weil es ein reines Herz ist. Warum leiden spirituelle Menschen? Wegen der Großmut ihres Herzens. Menschen mit einem steinernen Herzen haben diese Art von Leiden nicht. Viele Menschen haben zwar ein reines, aber kein starkes Herz. Doch das Leben auf der Erde verlangt ein Herz, das sowohl rein als auch stark ist.

Wie können wir den Verstand rein halten, wenn wir uns nicht gerade konzentrieren oder meditieren?

Sri Chinmoy: Das Beste, was du tun kannst, ist einige spirituelle Lieder zu lernen und sie dir im Stillen vorzusingen, während du arbeitest oder Auto fährst oder etwas tust, das keine mentale Konzentration erfordert. Während du im Stillen chantest, wird dein Verstand gereinigt, da deine Seele zum Vorschein kommt.
Wenn du chantest oder singst, versuche zu fühlen, dass der Supreme zuhört. Ansonsten wird das Chanten zu einer rein mechanischen Gewohnheit werden. Fühle, dass es einen Zuhörer gibt – keinen menschlichen Zuhörer, sondern den Supreme selbst, der in deinem Herzen lauscht. Wenn du fühlst, dass du einen göttlichen Zuhörer hast, wirst du mehr Inspiration erhalten; du wirst von grenzenloser Inspiration und endloser innerer Freude überflutet sein. Wenn du die Gegenwart des Supreme in deinem Herzen fühlst, wirst du mit höchster Freude und höchstem Stolz gesegnet sein. Er wird alles tun, um deinen Verstand zu verwandeln, zu reinigen, zu erleuchten und zu befreien.

Wenn ich versuche, ein Problem zu überdenken und eine Handlung zu planen, sehe ich mich nicht in der Lage einen Entschluss zu fassen. Warum ist das so?

Sri Chinmoy:
Wenn die Menschen den Verstand gebrauchen, leiden sie ständig an einem: Verwirrung. Sie denken und denken, und in dem Moment, wo sie glauben, die Wahrheit gefunden zu haben, entdecken sie, dass es gar keine Wahrheit ist, sondern nur noch mehr Verwirrung. Die Schwierigkeit ist die: Wenn wir an jemanden oder an etwas denken, bilden wir uns eine Vorstellung, von der wir glauben, dass sie absolut wahr sei. Doch im nächsten Augenblick kommt der Zweifel und ändert unsere Meinung. In diesem Moment denkst du, dass ich ein netter Mensch bin. Im nächsten Moment denkst du, dass ich ein schlechter Mensch bin. Etwas später wirst du wieder etwas anderes glauben. Schließlich wirst du sehen, dass deine Fragen kein Ende haben und dass es keine Lösung gibt.
Jedes Mal, wenn wir denken, sind wir verloren. Das Denken findet im Verstand statt, aber der Verstand ist noch nicht befreit. Nur die Seele ist befreit. Unser Problem ist, dass wir durch das Denken befreit werden wollen. Doch der Verstand befindet sich selbst noch immer im Gefängnis der Dunkelheit, Verwirrung und Gebundenheit. Wie können wir da vom Verstand Befreiung erwarten?
Wenn wir planen, sind wir oft frustriert, weil wir nicht von Anfang an die Wahrheit sehen. Wir planen etwas zu tun, weil wir glauben, dass wir dadurch ein bestimmtes Ziel erreichen. Doch zwischen Planung und Ausführung treten verschiedene Ideen und verschiedene Ideale in uns ein und erzeugen Verwirrung in uns. Dann geht unser Planen ewig weiter und wir treten nie in die Welt der Tat ein, weil unsere Pläne nie vollständig oder sicher sind. Zwischen unserem mentalen Plan und der Handlung selbst gähnt ein tiefer Abgrund.
Wenn wir aber einen inneren Willen, den Willen der Seele haben, der zu uns aus der Meditation kommt, dann ist die Tat in dem Moment, wo wir an sie denken, schon ausgeführt. Dann gibt es keinen Unterschied zwischen unserem inneren Willen und unserer äußeren Handlung. Wenn wir mit unseren mentalen Plänen in den völlig dunklen, verborgenen, unerleuchteten Raum der Handlung eintreten, so ist es, als trügen wir nur eine Kerze. Doch wenn wir diesen Raum mit dem Licht unserer Seele betreten, wird er von Erleuchtung durchflutet.
Im Augenblick mühen wir uns mit unserem Verstand. Der Verstand sagt: „Ich muss etwas erreichen. Ich muss nachdenken, wie ich meinen Plan ausführen kann.“ Aber Gott tut das nicht. Gott sieht die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft auf einem Blick. Wenn wir eins mit Gott sind, wenn wir uns durch beständiges inneres Streben mit Gottes Bewusstsein identifizieren, dann wird, was immer wir tun, spontan getan werden. Dann werden wir nicht den Verstand benutzen, sondern stets aus unserem eigenen inneren Bewusstsein heraus handeln, mit unserer intuitiven Kraft. Und wenn wir diese intuitive Kraft entwickeln, können wir leicht handeln, ohne einen Plan zu haben. In jedem Augenblick wird sich die Möglichkeit der vollständigen Manifestation, die sich vollziehen soll, unmittelbar vor uns verwirklichen.

Ich habe dich so verstanden, dass Gott kein mentales Wesen ist. Ich bin nicht sicher, was du damit meinst.

Sri Chinmoy:
Wir besitzen einen physischen Körper und einen Verstand. Entsprechend können wir uns Gott als ein physisches Wesen denken, das einen Verstand besitzt wie wir. Die Menschen stellen sich Gott oft als gigantischen Verstand vor oder wie jemanden, der so ähnlich wie wir mit dem Verstand arbeitet. Bis jetzt ist der Verstand die größte Errungenschaft der Menschheit. Mit Hilfe des Verstandes haben sich die Wissenschaft und die physische Welt in gewaltigem Ausmaß weiterentwickelt. Da der Verstand unsere höchste Errungenschaft ist, neigen wir dazu, uns Gott als ein Wesen mit dem höchstentwickelten Verstand zu denken. Aber Gott ist kein mentales Wesen. Gott handelt nicht aus dem Verstand heraus. Er braucht keine mentale Formulierung, wie wir sie gebrauchen, um zu handeln. Gott braucht keine Ideen mit einem Verstand zu formulieren.
Ein Mensch denkt gewöhnlich, bevor er handelt. Aber bei Gott ist es anders. Gott gebraucht Seine Willenskraft, die, während sie sieht, zugleich handelt und wird. Gottes Sehen, Handeln und Werden sind unmittelbar und gleichzeitig.

Kann ein Sucher in der weiten Ausdehnung des Verstandes leben oder ist das nur einer verwirklichten Seele möglich?

Sri Chinmoy:
Die weite Ausdehnung des Verstandes kann der Strebende einige Minuten lang erfahren, wenn er in einer sehr hohen, tiefen Meditation ist. Nur die verwirklichte Seele kann in diese weite Ausdehnung des Verstandes eintreten und dort unbegrenzt verweilen. Aber eigentlich machen wir einen Fehler, wenn wir von einer „Ausdehnung des Verstandes“ sprechen. In dem Zustand, auf den ich mich beziehe, gibt es keinen Verstand, dort wurde der Verstand transzendiert.
Wir haben das Gefühl, was wir erfahren sei die Ausdehnung des Verstandes. Aber tatsächlich ist es die Überschreitung des Verstandes. Im Verstand gibt es Form, gibt es Grenzen. Doch wenn wir von der weiten Ausdehnung sprechen, ist es etwas jenseits der Domäne des Verstandes. Es ist eine weite Ausdehnung von Licht, Bewusstsein, Frieden und Glückseligkeit.
Wenn wir meditieren, versuchen wir stets, über den Verstand hinauszugehen. Wenn wir unser Bewusstsein, unsere physische Wirklichkeit ausdehnen wollen, müssen wir in die Seele eintreten. Doch wenn wir von der höchsten Ebene des Bewusstseins zurückkehren, versuchen wir den Zustand, den wir erfahren haben, mit Hilfe des Verstandes zu verstehen und auszudrücken. Das geschieht deshalb, weil der Verstand im Moment das höchste Produkt des menschlichen Lebens ist. Aber weil der Verstand begrenzt ist, kann er niemals das Unendliche, das Unbegrenzte verstehen oder ausdrücken.

Ist es der Verstand, der dem Menschen Grenzen setzt?

Sri Chinmoy:
Der begehrende Verstand im Menschen setzt allem Grenzen – ob es nun etwas ist, das er schon hat, oder etwas, das er erst noch besitzen möchte. Aber das strebende Herz im Menschen befasst sich mit dem Unendlichen – mit Dingen, die schon unendlich sind oder schließlich unendlich sein werden. Wenn jemand überwiegend im Verstand oder in der Welt der Wünsche und Begierden lebt, ist er durch die Begrenzungen seines Verstandes gefesselt. Wenn dieselbe Person in die Welt des inneren Strebens eintritt, bedeutet das, dass sie sich aus der Welt der Begrenzungen befreien will.

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