Vom Segen der Disziplin

Für manche Menschen ist das Wort allein schon der Grund, die Augen zu verdrehen oder sogar wegzulaufen. Meistens liegt diese Abeneigung in den Erfahrungen der Schulzeit begründet, wo Disziplin ja an der Tagesordnung war. Um der Disziplin den schlechten Beigeschmack zu nehmen, hilft auch wieder nur eines: sich klar zu machen, was sie im eigenen Leben bewirken kann. Was heißt Disziplin eigentlich? Sie bedeutet, etwas regelmäßig, mit Intensität und Anstrengung auszuführen. Eine bestimmte Tagesroutine zum Beispiel, ein sportliches Training, das Üben eines Musikinstruments.
Wenn wir ein Ziel haben, kommen wir nicht drum herum, eine gewisse Disziplin einzuhalten, sonst erreichen wir das Ziel nicht. Die Disziplin kommt also als Resultat unseres Wunsches. Daher müssen wir also unsere Motivation für dieses Ziel kennen und entwickeln. Wenn wir nicht motiviert sind, bringen wir auch nicht die nötige Energie auf. Wie finden wir also die richtige Motivation? Vor allem durch das Beispiel anderer Menschen, die uns mit ihren Errungenschaften auf einem bestimmten Gebiet begeistern. Sie haben uns bereits gezeigt, was möglich ist, welche Vollkommenheit sie schon erreichen konnten. Wenn in uns dann der Wunsch erwacht ist, auch dorthin zu gelangen, sollten wir uns in Bewegung setzen, sollten wir ihnen nacheifern. Die Mittel kommen zu uns, sobald wir bereit sind zu starten.
Im spirituellen Leben spielt sich eigentlich nichts anderes ab: wir haben gesehen, welche inneren Schätze auf uns warten, welchen Grad von Glücklichsein, Frieden und innerer Erfüllung wir erhoffen können und machen uns daher auf den Weg. Zum Glück teilen die spirituellen Meister ihre Weisheit großzügig der Welt mit und geben klare Anleitungen für die Schritte, die zu gehen sind. Wir müssen also immer einen Hunger nach den spirituellen Früchten in uns tragen. Dann wird es uns auch nicht schwerfallen, die tägliche Disziplin der Meditation einzuhalten. Wenn nach Jahren der Routine jedoch Stagnation eintreten sollte, werden wir schnell merken, dass wir auf der Stelle treten. Die Meditation schmeckt trocken, die Freude lässt nach und irgendwie ist die Frische der Anfangszeit verloren gegangen. Dann hilft nur, sich wieder zu erinnern, mit welcher Begeisterung wir einstmals angefangen haben und welche schönen Erfahrungen uns dadurch zuteil wurden. Intensität in der Bemühung ist das Geheimnis, alles mit neuer Begeisterung zu beleben.

"Wir dürfen die Rolle der Disziplin nicht missverstehen. Disziplin ist keine Strafe. Sie ist unsere höchst verlässliche Absicherung." -Sri Chinmoy