warning: Creating default object from empty value in /var/www/srichinmoyantwortet.com/www/html/modules/taxonomy/taxonomy.pages.inc on line 33.

Guru, Meister, Lehrer

„Guru“ bedeutet Lehrer, oder „der, der Licht bringt“. Wie wichtig ist es, einen lebenden spirituellen Meister oder Lehrer zu finden? Sri Chinmoy erklärt, wie ein echter Meister die innere Entwicklung eines Suchers beschleunigen kann, wie man seinen Lehrer findet und woran man einen verwirklichten Meister erkennt. Warum Meister leiden, wie sie der Menschheit dienen und wie ein Meister weiter wirkt, nachdem er die Erde verlassen hat.

Warum brauchen wir einen Lehrer oder Guru? Ist es so wichtig, einen Lehrer zu haben, wenn wir dem spirituellen Pfad folgen wollen?

Sri Chinmoy:
In dieser Welt können wir nichts ohne die Hilfe eines Lehrers tun. Der Lehrer mag für eine Sekunde, für ein Jahr oder für viele Jahre notwendig sein. Wenn ich Musik studieren will, muss ich am Anfang zu einem Musiker gehen. Wenn ich tanzen lernen will, muss ich zu einem Tänzer gehen. Wenn ich etwas über die Wissenschaften lernen will, muss ich zu einem Wissenschaftler gehen. Egal was wir in dieser Welt lernen wollen, am Anfang brauchen wir einen Lehrer. Warum sollten wir dann keinen Lehrer brauchen, der uns in unserem inneren spirituellen Leben hilft?
Eine Seele nimmt eine menschliche Gestalt, einen menschlichen Körper an, und dann wächst dieses menschliche Wesen heran und vollendet sein erstes Lebensjahr, sein zweites und drittes Jahr und so weiter. Was tun die Eltern während dieser Jahre? Sie lehren das Kind sprechen, essen, sich anzuziehen, sich zu benehmen. Es lernt alles von seinen Eltern. Die Eltern spielen in den Entwicklungsjahren des Kindes ihre Rolle.
Genauso muss im spirituellen Leben der spirituelle Lehrer den Schüler lehren, wie man betet, wie man meditiert, wie man sich konzentriert. Wenn der Schüler dann lernt und tief nach innen taucht, kann er das alles allein.
Im Augenblick befinde ich mich hier in Puerto Rico. Ich weiß, dass es New York gibt und dass ich nach New York zurückkehren muss. Was brauche ich, um dorthin zu kommen? Ein Flugzeug und einen Piloten. Obwohl ich weiß, dass es New York gibt, kann ich nicht allein dorthin gelangen. Ich brauche Hilfe. Auf ähnliche Weise wissen wir, dass es Gott gibt. Du willst Gott erreichen, aber jemand muss dir dabei helfen. So wie mich das Flugzeug nach New York bringt, muss dich jemand zum Bewusstsein Gottes bringen, welches tief in dir verborgen ist. Jemand muss dir den Weg zeigen, damit du tief in deine eigene Göttlichkeit eintreten kannst, welche Gott ist. Das ist also die Antwort – wir brauchen am Anfang einen Lehrer.

Du hast von einem Guru gesprochen als von jemanden, der bei der Suche nach Verwirklichung eine Abkürzung finden hilft. Könntest du mir eine Empfehlung oder Anweisung geben, wie ich meine Energie auf die Selbst-Verwirklichung richten kann?

Sri Chinmoy:
Zu Beginn würde ich dir raten, einige spirituelle Bücher zu lesen. Denke im Moment nicht an Verwirklichung, Befreiung oder Erlösung. Diejenigen, die am Anfang ihrer Reise immerzu die Ausdrücke „Selbstverwirklichung“, „Befreiung“ und „Transformation“ gebrauchen, halten sich nur selbst zum Narren, um es ganz offen zu sagen. Bitte denke nicht, dass ich dich kritisieren oder tadeln will, aber ich möchte sagen, dass das große Worte sind. Manche spirituellen Meister raten, am Anfang solche Worte überhaupt nicht auszusprechen, Worte wie „Verwirklichung“, „Vergöttlichung“ usw. Das alles sind große, große Worte. Erst wenn jemand an der Schwelle zur Befreiung steht oder im spirituellen Leben sehr weit fortgeschritten ist, kann er sie verwenden. Ansonsten werden Sucher, die gerade erst mit dem spirituellen Leben beginnen und noch nicht einmal das ABC des spirituellen Lebens gelernt haben, sagen: „Ich will Gott-Verwirklichung, ich will Befreiung.“ Ich höre das sehr oft von den Leuten, und das macht mich traurig. Bevor sie überhaupt begonnen haben, den Baum hinauf zu klettern, wollen sie schon die Früchte vom höchsten Ast.
Bitte begib dich auf den spirituellen Pfad und lerne das ABC des inneren Lebens. Dafür ist Disziplin erforderlich. So, wie du täglich trainierst, um deine Muskeln zu entwickeln, solltest du unbedingt auch regelmäßig meditieren, fünf oder zehn Minuten am Tag, je nach deiner Fähigkeit und je nach Anweisung deines Lehrers. Du musst die Notwendigkeit fühlen, dem Kind in dir Nahrung zu geben. Wenn ein Kind schreit, eilt die Mutter sofort herbei, um das Kind zu füttern. Auf ähnliche Weise haben wir alle in uns ein göttliches Kind, die Seele. Diese Seele muss genährt werden, wenn wir spirituelle Erfüllung, wenn wir die Manifestation Gottes hier auf der Erde wollen. Wenn wir unseren Körper dreimal täglich Nahrung geben, dann ist es nur vernünftig, dass wir das innere Kind wenigstens einmal am Tag nähren. Wenn wir das tun, werden wir schließlich das Göttliche erfahren und Gott verwirklichen.

Glaubst du, dass ein Suchender einen lebenden Guru braucht, um Verwirklichung zu erreichen?

Sri Chinmoy:
Um ganz offen mit dir zu sein, die Notwendigkeit eines lebenden Guru ist nicht absolut unerlässlich, um Gott zu verwirklichen. Der erste Mensch, der Gott auf Erden verwirklichte, die allererste verwirklichte Seele hatte keinen menschlichen Guru. Der Arme, der als erster Gott verwirklichte, hatte nur Gott als seinen Guru.
Wenn du einen Guru hast, so erleichtert das deinen inneren spirituellen Fortschritt. Ein Guru ist ein Privatlehrer. In jedem Moment deiner Lebensreise versucht dich die Unwissenheit zu testen, zu prüfen und zu quälen, aber dieser Privatlehrer wird dich lehren, wie du die Prüfung bestehen kannst. Wenn du einen Privatlehrer hast, dann weißt du, wie viel Hilfe du erhalten kannst, damit du die Prüfung bestehst. Mehr noch, wenn du einen Guru hast, wird er dich, sobald du ihn angenommen hast und in seinem Boot sitzt, zum Goldenen Ufer bringen. Du brauchst dann nicht so hart zu arbeiten, wie du es ohne einen Guru müsstest.
Der Guru ist für seinen Schüler jederzeit ansprechbar, zu jeder Uhrzeit am Tag oder in der Nacht, in seinem Leid wie in seiner Freude. Die Notwendigkeit eines Gurus ist für einen aufrichtigen Schüler von herausragender Bedeutung. Doch gleichzeitig ist sie nicht zwingend erforderlich. Wenn jemand allerdings so klug ist und zu seinem Ziel rennen möchte anstatt zu stolpern oder lediglich zu gehen, dann ist ein Guru mit Sicherheit eine beträchtliche Hilfe.
Ein wahrer Schüler wiederum fühlt, dass der Guru und sein Schüler keine zwei vollkommen verschiedenen Wesen sind. Er hat nicht das Gefühl, dass der Guru auf dem Wipfel des Baumes und er am Fuße des Baumes sitzt und er immerzu nur die Füße des Gurus wäscht. Nein, er empfindet den Guru als seinen eigenen höchsten Teil. Wenn er Füße hat, dann hat er auch einen Kopf. Er fühlt, dass er und sein Guru eins sind. Der Guru ist sein eigener am höchsten entwickelter Teil. Daher bereitet es ihm keine Schwierigkeiten, seinen niedrigsten Teil seinem höchsten Teil hinzugeben. Es ist nicht unter seiner Würde, sein Niedrigstes seinem Höchsten zu geben, weil er weiß, dass sowohl sein Niedrigstes als auch sein Höchstes sein eigen sind.
Um zu deiner Frage nach der Notwendigkeit eines Lehrers zurück zu kommen: Es ist absurd zu glauben, dass wir für alles im Leben einen Lehrer brauchen, nur nicht für die Gott-Verwirklichung. Andererseits ist Gott in jedem. Wenn du meinst, dass du keine menschliche Hilfe brauchst, dann steht es dir frei, es alleine zu versuchen. Warum geht man auf die Universität, wenn man auch zu Hause studieren kann? Man braucht nicht zur Universität zu gehen, aber man weiß, dass man dort professionellen Unterricht bekommt. Wenn du im spirituellen Leben schnell, schneller, am schnellsten vorankommen möchtest, dann ist ein Guru meiner Meinung nach fast unabdingbar.

Inhalt abgleichen (C01 _th3me_)