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Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung

Verwirklichung ist die höchste Form der Selbst-Entdeckung – die Erfahrung einer unmittelbaren Wirklichkeit jenseits aller mentalen Spekulation. Was uns von dieser Wirklichkeit trennt, ist unsere Unwissenheit – avidya. Wie können wir diese Unwissenheit überwinden? Gehen unsere Bemühungen verloren, wenn wir es nicht in diesem Leben gelingt? Haben Mystiker Verwirklichung erlangt?

Sollten wir das so verstehen, dass der Grad der Selbstverwirklichung, den wir erreichen können, von unserem Einsatz und unserem Willen abhängt, oder ist sie letztlich durch etwas jenseits unseres Willens bestimmt?

Sri Chinmoy:
Zwei Dinge gehen Hand in Hand – individuelle Anstrengung und göttliche Gnade. Wenn ich die ganze Zeit über nur schlafe, wird mich Gott nicht befreien, aber gleichzeitig ist es auch Torheit zu glauben, dass ich durch meinen persönlichen Willen und unter Einsatz all meiner Kraft auf Biegen und Brechen Gott verwirklichen kann. Gott befindet sich im dritten Stock und ich befinde mich im ersten Stock. Es sollte eine Begegnung, einen Treffpunkt geben. Ich muss zu Gott gehen; ich muss durch persönliche Anstrengung, das heißt durch meine Tränen, durch mein seelenvolles, intensives inneres Sehnen, den zweiten Stock erreichen. Dann wird Gott mit Seiner unendlichen Gnade und Seinem unendlichen Mitleid vom dritten in den zweiten Stock herab kommen, und dort werden wir uns treffen. Er muss mir geben, was Er hat - Sein Mitleid, Seine Flut von Mitleid – und ich muss Ihm meine geringe persönliche Anstrengung und meine Tränen geben, die Flut meiner Tränen.
Eine spirituelle Meisterin wurde einmal von ihren Schülern gefragt, wie viel persönliche Anstrengung sie unternommen hatte, um Gott zu verwirklichen. Sie sagte, bevor sie Gott verwirklicht hatte, dachte sie, dass ihr persönlicher Einsatz 99% betrug und Gottes Gnade nur 1%. Sie arbeitete so hart, um Gott zu verwirklichen. Doch als sie Gott verwirklichte, stellte sie fest, dass gerade das Gegenteil der Fall war – dass sie neunundneunzig Prozent der Gnade verdankte und nur ein Prozent ihrer eigenen Bemühung. Dabei blieb es aber nicht. Sie sagte weiter: „Meine Kinder, auch dieses eine Prozent war Gottes Gnade. Es war die göttliche Gnade, die ich erhielt und andere nicht. Diese Gnade Gottes erlaubte mir, diese unbedeutende persönliche Anstrengung zu machen.“

Warum wollen wir Gott verwirklichen?

Sri Chinmoy:
Wir wollen Gott verwirklichen, weil wir uns bewusst zu Kanälen gemacht haben, durch welche die Früchte der Gottverwirklichung fließen können. Unser Körper ist eine göttliche Maschine, daher muss er geölt werden. Verwirklichung ist ein göttliches Schmiermittel, das höchst effektiv wirkt.
Verwirklichung kann durch Gottes Gnade, die Gnade des Gurus und das innere Streben des Suchers erreicht werden. Die Gnade des Supreme ist der Regen. Die Gnade des Gurus ist der Samen. Das innere Streben des Suchers ist das Bestellen des Feldes. Siehe da, die reiche Ernte ist Verwirklichung!

Wie weit sind wir von der Verwirklichung entfernt?

Sri Chinmoy:
Avidyaya mrityum tirtha vidyaya amritam snute – „Durch Unwissenheit gehen wir durch den Tod; durch Erkenntnis erreichen wir Unsterblichkeit.“ Dies ist in der Tat eine bedeutende Verwirklichung.
Verwirklichung bedeutet die Offenbarung Gottes in einem menschlichen Körper. Verwirklichung bedeutet, dass der Mensch selbst Gott ist.
Leider ist der Mensch nicht allein. Er hat Wünsche, und Wünsche haben gewaltige Kraft. Dennoch gelingt es ihnen nicht, ihm anhaltende Freude und Frieden zu schenken. Wünsche sind begrenzt. Wünsche sind blind. Sie versuchen den Menschen zu binden, dessen Geburtsrecht es ist, grenzenlos zu sein. Gottes Gnade, die durch den Menschen für die vollständige Manifestation Gottes wirkt, ist unendlich.
Verwirklichung entspringt der Selbst-Meisterung. Sie wächst in ihrem Einssein mit Gott. Sie erfüllt sich selbst, indem sie das Endliche und das Unendliche umarmt. Wir sind Sucher des Supreme. Wir brauchen absolute Verwirklichung. Mit einer kleinen Verwirklichung können wir höchstens wie eine Katze handeln. Mit absoluter Verwirklichung werden wir in der Lage sein, wie ein brüllender Löwe der Unwissenheit zu drohen.
In dem Moment, wo ich „mein Körper“ sage, trenne ich mich selbst vom Körper. Dieser Körper durchläuft Kindheit, Jugend, Erwachsensein und Alter. Das bin nicht wirklich ich. Das wirkliche „Ich“ bleibt immer unwandelbar. Wenn ich sage, dass ich zu- oder abgenommen habe, spreche ich vom Körper, der zu- oder abgenommen hat, und nicht vom inneren „Ich“, welches ewig und unsterblich ist.
Verwirklichung sagt, dass es so etwas wie Gebundensein und Freiheit, auf die wir uns im Alltag so oft beziehen, nicht gibt. Was in Wahrheit existiert ist Bewusstsein – Bewusstsein auf verschiedenen Ebenen, Bewusstsein, das sich seiner verschiedenen Manifestationsformen erfreut. Solange wir glauben, in der Knechtschaft der Unwissenheit zu leben, steht es uns frei zu fühlen, dass wir auch in Freiheit leben können, wenn wir das wollen. Wenn Gebundensein uns das Gefühl gibt, dass die Welt ein Jammertal ist, dann kann uns Freiheit zweifellos das Gefühl geben, dass die Welt nichts anderes als das glückselige Bewusstsein Brahmans ist. Verwirklichung jedoch lässt uns fühlen: Sarvam khalvidam Brahma – „Alles, was Ausdehnung hat, ist Brahman.“
Um zu erkennen, was Verwirklichung ist, müssen wir zuerst unser inneres Selbst lieben. Der zweite Schritt ist, die Verwirklichung selbst zu lieben. Das ist die Liebe, welche die Seele erweckt. Das ist die Liebe, welche unser Bewusstsein erleuchtet. Liebe, und du wirst geliebt werden. Verwirkliche, und du wirst erfüllt sein.
Verwirklichung ist unsere innere Lampe. Wenn wir diese Lampe brennen lassen, wird sie in der ganzen Welt ihr strahlendes Licht verbreiten. Wir alle haben ohne Ausnahme die Fähigkeit zur Selbst-Verwirklichung oder anders ausgedrückt, zur Gott-Verwirklichung. Diese Wahrheit zu leugnen, bedeutet sich selbst erbarmungslos zu täuschen.
Wir verwirklichen die Wahrheit nicht nur, wenn Freude unser Gemüt erfüllt, sondern auch wenn Kummer unser Herz verdunkelt, wenn der Tod uns an seine düstere Brust zieht, wenn Unsterblichkeit unser Dasein in den Schoß der Verwandlung legt.
Wie weit sind wir von der Verwirklichung entfernt? Wir können die Antwort daran ermessen, wie weit wir uns Gottes Willen hingegeben haben. Es gibt keinen anderen Weg, es zu erkennen. Wir sollten außerdem wissen, dass jeder neue Tag mit einer neuen Verwirklichung erwacht. Das Leben ist eine beständige Verwirklichung für denjenigen, dessen inneres Auge geöffnet ist.

Was ist Selbst-Verwirklichung?

Sri Chinmoy:
Selbst-Verwirklichung bedeutet Selbst-Entdeckung im höchsten Sinne des Wortes. Man verwirklicht bewusst sein Einssein mit Gott. Du hast in Büchern gelesen und andere haben dir erzählt, dass Gott in jedem Menschen ist. Aber du hast Gott in deinem bewussten Leben nicht verwirklicht. Wenn man sein Selbst verwirklicht hat, dann weiß man bewusst, was Gott ist, wie Er aussieht, was Er will. Diejenigen, die Gott nicht verwirklicht haben, werden sagen: „Gott ist vielleicht so, Gott ist vielleicht auch anders“, doch das ist reine mentale Spekulation. Aber wenn jemand Selbst-Verwirklichung erlangt, dann bleibt er in Gottes Bewusstsein und spricht mit Gott von Angesicht zu Angesicht. Er sieht Gott sowohl im Endlichen als auch im Unendlichen; er sieht Gott in persönlicher als auch unpersönlicher Form. In diesem Fall ist es keine mentale Halluzination oder Einbildung, sondern unmittelbare Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist authentischer als dich hier vor meinen Augen zu sehen.

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