Warum ist es für einen spirituellen Meister so schwierig, von der Welt angenommen zu werden?

Sri Chinmoy: Die Welt ist nicht bereit für spirituelle Meister. Sie kommen auf ihrem unendlichen Mitleid heraus auf die Erde. Wenn sie gehen, versprechen manche Meister, dass sie wieder zurückkommen werden, solange es noch Menschen auf Erden gibt, die unverwirklicht sind. Sie sind aufrichtig, wenn sie das sagen, aber sobald sie in die höheren Welten aufsteigen und die Undankbarkeit der Erde sehen, überlegen sie es sich anders. Sie fragen sich, warum sie ihre wertvolle Zeit verschwenden sollen, wenn die Menschheit doch schläft, und warum sie zurückkommen sollen, nur um von einer undankbaren Menschheit getreten zu werden.
Die Menschheit braucht spirituelle Meister für ihr Erwachen und für ihre Erleuchtung, aber im äußeren Leben fühlen die Menschen keine Dringlichkeit. Die Welt ist nicht bereit, und vielleicht wird sie als Ganzes auch niemals bereit sein. Wenn die Meister kommen, finden sie unwillige, unstrebsame Menschen vor. Um Gott zu verwirklichen, brauchen spirituelle Meister einige Inkarnationen. Verwirklichung ist eine sehr harte Aufgabe. Aber noch viel schwieriger ist es, Gott auf der Erde zu manifestieren. Das ist der Grund, warum viele spirituelle Meister nicht herab kommen um zu manifestieren.
Obwohl Gott in jedem Menschen weilt, überwiegt leider immer noch das Tier im Menschen. Wenn die Meister mit der Menschheit zu tun haben, sehen sie, dass sie noch völlig tierhaft ist. Nehmt das Beispiel Sri Ramakrishnas. Er nahm so viele negative und ungöttliche Kräfte seiner Schüler auf sich; er litt so sehr an ihrem Gift. Sonst wäre es für einen solch reinen Menschen unmöglich gewesen, an bösartigem Krebs zu leiden.
Gott zu verwirklichen ist schwierig. Nach der Verwirklichung in der unwissenden Welt zu leben und mit der Menschheit zusammen zu sein, ist noch schwieriger. Aber im Bewusstsein des Höchsten zu bleiben, während man im Niedersten arbeitet, das höchste Licht in das Niederste herab zu bringen und das Niederste zu bewegen, es zu empfangen und anzunehmen, ist am allerschwierigsten. Andererseits, wenn wir sagen, dass etwas schwierig oder am schwierigsten ist, machen wir uns nur selbst klein. Was sind schließlich spirituelle Meister? Sie sind Gottes auserwählte Kinder. Gottes auserwählte Kinder sind für immer und ewig eins mit Gott. Gott kann niemals von seinen Kindern, seiner Schöpfung, getrennt werden. Daher ist nichts schwierig, wenn wir es vom höchsten, absoluten Standpunkt aus betrachten – weder Gott zu verwirklichen noch Gott in der Menschheit zu dienen, noch die Verantwortung zu übernehmen, die Menschheit zur Göttlichkeit bzw. die Göttlichkeit zur Menschheit zu bringen. Alles ist leicht, leichter, am leichtesten, wenn eines vorhanden ist: die Berührung Gottes. Wenn Gottes Willen eine Handlung berührt, ist es sehr leicht.